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2020 12 16 F1 gemaltes bild von katharina emenethIn der Biografie über Lambert Steiner von Anton Bleiziffer und Michael Szellner ist zu lesen, dass die Knabenkapelle Lambert Steiner einmal in Sanktanna an einem Begräbnis teilnehmen musste. Die Trommel war für die Jugendlichen zum Tragen zu gross, weshalb der Fleischhauer von Sanktanna kurzentschlossen seinen Bernhardiner Hund mit Wägelchen zur Verfügung stellte.

Ein Bernhardiner im Banat? Wie er, stamme ich aus der Schweiz, und weiss, dass seine Brüder und Schwestern in Schnee und Eis als Lawinenhunde im Einsatz sind. Bevor ich genaueres über seine Herkunft erzähle, verrate ich noch den Ausgang von seinem Einsatz am Begräbnis. Im Rhythmus von gedämpften Begleitschlägen der Trommel bewegte sich der Trauerzug in Richtung Friedhof. Plötzlich verlor der Hund die Geduld und riss mitsamt Wagen und Trommel aus, um über der Strasse an einer jaulenden Hundehochzeit teilzunehmen.

Der Bernhardiner hat als Hund für die Schweiz eine grosse Bedeutung.

Barry hiess er, der seine Rasse zu Weltruhm brachte. Geboren wurde er im Jahr 1800 im Hospiz bei den Augustiner Chorherren auf dem Grossen-Sankt-Bernhard-Pass 2469 m.ü.M., einem viel begangenen Übergang von der Südwestschweiz nach Italien. Die Chorherren hatten gemäss dem Erbauer ihres Hospizes, dem Heiligen Bernhard von Menthon und Aosta, die Pflicht der Gastfreundschaft und Nächstenliebe, Reisende und Pilger aufzunehmen und zu versorgen. Sie hatten Barry, der Welpe einer ihrer Wachhunde war, schon als jung auf die Suche nach verirrten und verunglückten Wanderern mitgenommen. Im Sommer liessen Gewitter, Regen und Nebel die Fremden in dieser unwirtlichen Gegend vom Weg abkommen. Verletzt durch Steinschläge, Stürze und nicht selten niedergeschlagen und ausgeraubt von Wegelagerern kamen sie nicht mehr voran. Im Winter war das Gehen im Tiefschnee kräfteraubend. An den Felshängen brachen Schneerutsche und Lawinen los und verschütteten sie. Die Suche nach ihnen war gefährlich. Mit Barry und weiteren Hunden im Gefolge rückten die Mönche auf Skiern aus. Bei Stürmen und früh einbrechender Dunkelheit waren weder Wege noch Spuren sichtbar. Jeden Abend hielten die Mönche draussen in der Dunkelheit mit Laternen und ihren Hunden Wache und lauschten nach irgendwelchen Zeichen.  Barry hatte ein ausgeprägtes Gehör und eine ebensolche Spürnase. Er hat nachweislich in den 10 Jahren seines Lebens auf dem Grossen Sankt Bernhard Pass 40 Menschenleben gerettet. Einmal habe er auf einem Alleingang im Schnee einen erschöpften Knaben aufgespürt, den er nach der Legende auf seinem Rücken ins Hospiz geschleppt habe. In überschwänglicher Freude über ihre Bergung nannten die Geretteten die Vierbeiner heilige Hunde. Ob Barry am Hals wirklich ein Fässchen trug, ist nicht bewiesen. Es könnte beim Auffinden von Verschütteten als Kennzeichen von Hilfe oder mit einer Labsal gefüllt gewesen sein. Jedoch sicher ist, dass Barry noch keinen Stammbaum hatte. Einige Nachschlagwerke sagen, dass seine Eltern grosse Bauernhunde vom Tal unten waren, die den Mönchen im Hospiz als Wachhunde dienten. Andere Quellen berichten, dass seine Vorfahren aus Syrien stammten. Wie auch immer, die Mönche begannen mit der Zucht. Die Namensfindung war einfach: Der Begründer des Hospizes war der Heilige Bernhard, der Pass wurde nach ihm Grosser Sankt Bernhard und die Hunderasse folglich Bernhardiner genannt. Im 10. Lebensjahr war Barry von der Schwerarbeit in Schnee und Eis müde. Die Mönche gaben ihn zu einer Familie nach Bern, wo er noch 2 Jahre bis zu seinem Tod verbrachte. Heute kann man ihn in einer Vitrine des Historischen Museums Bern sehen.

Die Hundezucht auf dem Grossen Sankt Bernhard wurde von den Chorherren mit Gehilfen aus dem Aosta-Tal traditionell über 200 Jahre betrieben. Anno 1905 wurde eine Strasse über den Pass gebaut, die für den Autoverkehr von Juni bis Oktober geöffnet war. 1964 erfolgte der Bau eines Tunnels, der die Durchfahrt vom Wallis ins Aosta-Tal ganzjährig ermöglichte. Die Hunde kamen auf dem Pass kaum mehr zum Einsatz. Deswegen übergaben die Mönche anno 2005 die Zucht zur Weiterführung an die Fondation Barry nach Martigny unten im Tal. Der alten Tradition verpflichtend, sind in einem Gehege auf dem Pass als Sommergäste der Fondation ein paar Bernhardiner zu sehen. Die Zucht der Fondation in Martigny hat momentan 20 Hündinnen und 6 Rüden, die von Fachleuten über eine strenge Auswahl selektioniert wurden. Im Beisein einer erfahrenen Züchterin werden hier jährlich ungefähr 30 Junge geboren, die   später wegen ihres sanften und freundlichen Charakters als Wander-, Zug- und Sozialhunde ausgebildet werden. Für ihre frühere Tätigkeit als Rettungshunde bei Lawinenniedergängen werden heute leichtere Rassen bevorzugt. Im Barry-Land Martigny können Gäste aus aller Welt ein paar Hunde der Bernhardiner Zucht sehen. Es ist hier auch ein aufwändig gestaltetes Museum zu besichtigen. Gemälde und alte Fotos zeugen von der Gastfreundschaft und den enormen Bemühungen, welche die Mönche mit ihren Hunden zur Rettung von Reisenden aus Schnee und Eis aufwandten. Barry wurde berühmt und zierte Briefmarken aller Herren Länder. Im Souvenir-Shop sind Bücher, Postkarten und Andenken aller Art zu finden.

Die Augustiner Chorherren sind im Hospiz auf dem Grossen Sankt Bernhard geblieben und sind auch weiterhin der Gastfreundschaft und Nächstenliebe verpflichtet. Ihre Kundschaft hat sich geändert. Zwar empfangen sie noch immer Pilger der Via Francigena, die von Canterbury/GB hier vorbei nach Rom führt, aber die meisten Gäste sind Wanderer und Sportler wie Ski- und Radfahrer.  Der Pass wurde trotz seiner imposanten Höhe von 2469 m.ü.M.  schon in der frühen Eisenzeit begangen. Die Römer benützten ihn als wichtigsten Alpenübergang nach Gallien. Von der Wissenschaft umstritten ist die Alpenüberquerung des karthagischen Heerführers Hannibal anno 218 v.Chr. mit 37 Elefanten. Hingegen ist sicher, dass Napoléon Bonaparte ihn mit seiner Armee auf dem Italienfeldzug am 10. Mai 1800 überquerte und die Strecke zur Route Napoléon machte.  Pilger, Soldaten, etliche gekrönte Häupter und Päpste sind im Laufe der Jahrhunderte auf der Via Francigena im Hospiz zu Gast gewesen. Unter ihnen im Juni 1984 Papst Johannes Paul II und im Juli 2006 Papst Benedikt XVI.  

Der Heilige Bernhard ist Schutzpatron der Alpenbewohner und Bergsteiger. Geboren wurde er zwischen 983 und 1008 als Bernhard von Menthon/Hoch-Savoyen. Später wurde   er  Bernhard von Aosta und von Mont-Joux genannt.  Er lebte als Wanderprediger in dem am Grossen Sankt Bernhard angrenzenden italienischen Aosta-Tal und in   Novara, wo er 1081 verstarb.                                                                                                                                                                                                              

In Gedenken an Barry:

Von Maria Nyffenegger, St. Gallen / Schweiz

Pressebericht BZ / 16. Dezember 2020  !!!

Pressebericht Banater Post  !!!

 2020 12 16 F2 hospiz von maria nyffenegger2020 12 16 F3 kopie von originalfoto 1920 mediathek wallis martinach CH