Nach der Hochwasserkatastrophe in den Bundesländern Nordreinwestfahlen und Rheinland-Pfalz Mitte Juli 2021 erreichte mich ein Hilferuf unseres Mitglieds Frau Christine Neu aus Reutlingen – siehe unten den Infobrief..

Frau Neu ist Stellvertretende Bundesvorsitzende und Kreisvorsitzende der Landsmannschaft der Banater Schwaben in Reutlingen und kennt die geschädigte Frau Elisabeth Golban persönlich.

Unmittelbar nach unserem Urlaub habe ich die Mitglieder des erweiterten Vorstandes angeschrieben und um ihre Zustimmung zur finanziellen Unterstützung gebeten – siehe Anschreiben -was auch die Mehrheit getan hat.

Somit werden wir unserem Vereinsname „ Hilfe-Jugend-Kultur“ auch gerecht.

 

Ein kleines Zeichen von Solidarität und Mitgefühl

 

Hilfe für eine Banater Schwäbin,

die Opfer der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021, wurde.

Mitte Juli vergangenen Jahres waren Teile Deutschlands von extremen Unwettern betroffen. Infolge des Starkregens kam es in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen zu Sturzfluten und massiven Überschwemmungen, die zu mehr als 180 Toten und Schäden in Milliardenhöhe führten. Tausende Menschen haben ihr ganzes Hab und Gut verloren und standen vor den Trümmern ihrer Existenz. Und viele mussten auch noch den Verlust von Angehörigen, von Freunden verkraften, die das Jahrhunderthochwasser in den Tod riss.

Die schrecklichen Nachrichten und grausamen Bilder, die damals die Medien überfluteten, zeigten die zerstörerische Wucht des Hochwassers, das den betroffenen Menschen alles nahm und sie schwer traumatisierte. Ihre Schicksale machten

betroffen und regten viele an, selbst aktiv zu werden. Nach der Flut kam die Welle – die der Solidarität und Hilfsbereitschaft. Und sie war riesengroß.

Diese Nachrichten und Bilder über die verheerende Naturkatastrophe riefen in mir Erinnerungen an die schweren, heute weitgehend vergessenen Überschwemmungen 1970 in Rumänien wach. Auch dort erfuhr man damals aus Fernsehen und Zeitungen vom zerstörenden Ausmaß der Fluten. Die Schulleitung in Sackelhausen startete eine Hilfsaktion. In guter Erinnerung geblieben ist mir das Handeln meiner Mutter. Wir hatten damals selbst nichts im Überfluss, aber doch genug, um helfen zu können. Sie bereitete ein Paket vor mit Kleidung und Schuhen von uns Kindern, die uns zu klein waren, sowie Lebensmitteln aus unserer Speisekammer. Diese Einstellung meiner Mutter beeindruckt mich bis heute und hat sich wohl auch in mir gefestigt. So kann ich jetzt, im Nachhinein, auch meine Reaktion auf die Nachrichten über die Flutkatastrophe in Deutschland einordnen.

Am 14. Juli 2021 trat der Fluss Inde in der 56000-Einwohner-Stadt Eschweiler über die Ufer. Das durch Dauerregen verursachte Hochwasser traf die Bewohner nachts ganz überraschend und unvorbereitet und richtete große Schäden an. Eschweiler war zusammen mit Stolberg eine der am stärksten betroffenen Regionen in Nordrhein-Westfalen.

Vom Ausmaß der Katastrophe erschüttert, verschickte ich verschiedene Kurzvideos an Freunde und Bekannte, unter anderem auch an eine Freundin in Rumänien. Als sie erfuhr, dass auch Eschweiler betroffen war, wurde sie gleich hellhörig und teilte mir mit, dass dort eine ehemalige Päda-Kollegin von ihr lebe. Sie versuchte verzweifelt Kontakt zu ihr aufzunehmen. Tagelang kam keine Nachricht, bis sich endlich ihre Freundin Elisabeth (Lisa) Golban bei ihr meldete.

Die furchtbaren Bilder, die sie ihr zugeschickt hatte, erreichten auch mich: ein komplett zerstörtes Altbauhaus, das sich Lisa mit ihrer Familie angemietet hatte. Zum Zeitpunkt der Überschwemmung war sie allein zu Hause, ihr Mann weilte bei seiner alten Mutter in Rumänien. Machtlos gegen die immer höher steigenden Wassermassen, hielt sie sich zuletzt auf dem Dachboden auf und hörte verängstigt dem furchterregenden Rauschen des Wassers zu. Nach bangem Warten wurde sie schließlich gerettet mit dem, was sie auf dem Leibe trug, und sie war unendlich glücklich darüber. Sie habe zwar alles verloren, Hauptsache sei jedoch, dass sie noch am Leben ist, lautete ihr Fazit. Andere hätten weniger Glück gehabt und seien Opfer der mitreißenden Wassermassen geworden. So genügsam kann das Leben auf einmal sein.

Elisabeth Golban wurde in Bethausen geboren. Sie wurde von ihrer Mutter Anna Fischer und ihrer Oma großgezogen. Später wohnte sie in Denta.

Erst spät hat sie sich zusammen mit ihrem rumänischen Ehegatten entschlossen, auszuwandern. In ihrer neuen Heimat in Eschweiler versuchte die Familie Fuß zu fassen, um ihren beiden Söhnen eine Zukunft zu ermöglichen. Lisa arbeitet auch hier in Deutschland mit Kindern, sie ist in einer Schule in der Hausaufgabenbetreuung tätig.

Nun stand sie plötzlich vor dem Nichts. Das romantische Flüsschen Inde, das durch Eschweiler fließt, hatte sich nach heftigen Regenfällen in einen reißenden Strom verwandelt und diese Katastrophe ausgelöst. Nachdem das Wasser langsam zurückgewichen war, bot sich ein Bild der Verwüstung. Das, was bis vor kurzem ihr Eigen war, stand nun als Müllhalde am Straßenrand. Über zwei Meter hoch stand das Wasser in ihrem Haus und Hof. Gerettet werden konnte nichts, auch ihr Auto wurde weggeschwommen. Es sind nicht nur die Dinge, die man sich über die Jahre durch harte Arbeit angeschafft hat, sondern vielmehr die Erinnerungsstücke, die mit keinem Geld der Welt zu bezahlen sind, beispielsweise ein Akkordeon, das sie als Erbstück aus Rumänien mitgebracht hatte, oder die von ihrer Mutter niedergeschriebenen Erinnerungen an die Russlanddeportation. Dafür gibt es keine Entschädigung, sie sind für immer weg.

Es stimmte mich traurig, zu sehen und zu hören, wie gewaltig diese Flutkatastrophe Elisabeth Golban, eine von uns, getroffen hatte. Ich wollte ihr irgendwie unter die Arme greifen und startete, ohne viel zu überlegen, eine Hilfsinitiative. Ein von mir verfasstes Schreiben, in dem ich über den Notfall berichtete, verschickte ich an Freunde und Bekannte. Deren Hilfsbereitschaft führte dazu, dass wir einen Betrag von 1700 Euro auf das Konto von Elisabeth Golban überweisen konnten. Dafür bedankte sie sich weinend am Telefon. Ihren Dank möchte ich gerne weitergeben an den Verein „Valores. Hilfe-Jugend-Kultur“ aus Neumarkt, der 250 Euro gespendet hat, an Eveline und Oswald Wolf, Gerda und Michael Koppi, Gerda und Michael Antretter, Annemarie und Nikolaus Pittner, Magdalena und Heinrich Weber, Helmut Schmidt, Irmgard und Erwin Froehr, Maria Holzinger, Gisela und Michael Filipp, Johanna Fett, Margareta und Peter Müller, Ernestine Mayer, Edith Mayer, Hedi Wagner, Rosemaria Petla und Raimund Klotzbier, Melitta und Octavian Lismann, Johann Neiszer, Rolande und Herbert Schummer, Christine und Ewald Neu, Miriam Österreicher, Helmut und Dagmar Österreicher.

In ihrer Botschaft zu Weihnachten und zum Jahreswechsel ging die Bürgermeisterin der Stadt Eschweiler Nadine Leonhardt auf das verheerende Hochwasser im Juli 2021 ein: „An die 13000 Menschen sind in Eschweiler direkt betroffen. Das ist rund ein Viertel der Eschweiler Bevölkerung. Ob das eigene Wohnzimmer, der Keller, das Auto oder auch der eigene Betrieb von den Wassermassen betroffen war: Die Schicksale der Betroffenen – so unterschiedlich sie auch sind – eint die tagtägliche Herausforderung, die Schäden zumindest weitgehend zu beseitigen.“ Die Bürgermeisterin hebt die unglaubliche „Hilfsbereitschaft und Solidarität untereinander“, die Beseitigung der direkten Folgen der Katastrophe durch das Engagement sehr vieler Menschen, Organisationen und Institutionen sowie die große Spendenbereitschaft für die Stadt hervor.

Auch wir haben mit unserer Spende einen kleinen Beitrag zur Linderung der Not einer betroffenen Familie geleistet. Es war zwar nicht mehr als der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein und dennoch ein sichtbares Zeichen der Solidarität und des Mitgefühls. Als solches wurde es auch von Elisabeth Golban gedeutet. Sie freute sich riesig über die Spende und ließ ihre Banater Landsleuten wissen: „Fühlt euch alle umarmt von mir“.

Eine Zeit lang lebte Elisabeth Golban bei der Familie ihres Sohnes. Mittlerweile ist sie in eine Dachgeschosswohnung eingezogen. Langsam wagen sie und ihr Mann, kurz vor dem Rentenalter stehend, einen existentiellen Neuanfang. Möge ihnen dieser gelingen. Wir wünschen der Familie Gottvertrauen und Zuversicht.

Bei allen Spendern möchte auch ich mich für die großzügige Hilfsbereitschaft bedanken.

Christine Neu

 

Anfrage Hilfe für Hochwasseropfer

Anschreiben Vorstand bezüglich Unterstützung

 

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